Besuch der KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Während der nationalsozialistischen Diktatur (1933-1945) unter Adolf Hitler kamen zahlreiche Menschen in Konzentrationslagern ums Leben. Um an die grausamen Taten dieser Zeit zu erinnern, wurden die meisten dieser Lager zu KZ-Gedenkstätten umfunktioniert. So auch das Konzentrationslager Neuengamme im Süd-Osten Hamburgs, das wir, die Klasse 9b, vor Kurzem besucht haben.

Historischer Hintergrund

Im Januar 1933 wurde Adolf Hitler von der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) zum Reichskanzler ernannt. Im Laufe des Jahres hob die NSDAP die Grundrechte auf und es kam teils durch Verbote, teils durch Auflösung anderer Parteien dazu, dass die NSDAP zur Staatspartei des damaligen Deutschlands wurde. Im folgenden Jahr erlangte Adolf Hitler nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg die absolute Macht. Diese nationalsozialistische Diktatur sollte bis zum Ende des 2. Weltkriegs im Jahr 1945 andauern. Das erste Konzentrationslager wurde bereits im März 1933 in Dachau eingerichtet. Mit der Zeit kamen immer mehr solcher Lager hinzu, bis im Dezember 1938 auch das KZ Neuengamme gegründet wurde. Zunächst diente dieses als Außenlager für das KZ Sachsenhausen, doch 1940 wurde es zu einem eigenständigen Konzentrationslager.

Häftlinge in den Konzentrationslagern

Zunächst wurden vor allem Oppositionelle, also politische Gegner der NSDAP, in die Konzentrationslager gebracht. Zu ihnen zählten zum Beispiel Mitglieder der links ausgerichteten Partei KPD (Kommunistische Partei Deutschland) oder der damaligen SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschland). Durch das Einsperren dieser Menschen wollte sich das Terror-Regime um Adolf Hitler vermutlich die absolute Macht in Deutschland sichern. Doch mit der Zeit wurden auch immer mehr Menschen dorthin gebracht, die in der faschistischen Rassentheorie der Nationalsozialisten einer sog. „minderwertigen Rasse“ angehörten. Hierzu zählten unter anderem Menschen jüdischer Abstammung oder Glaubens sowie Sinti und Roma. Des Weiteren wurden auch Homosexuelle und sog. „Bibelforscher“, wie man die Zeugen Jehovas damals nannte, in den Lagern eingesperrt. Auch Obdachlose, die als „Asoziale“ bezeichnet wurden, kamen in die Konzentrationslager. Ebenso wurden Kriminelle in die Konzentrationslager gebracht. Ironischerweise wurden diese trotz dessen, dass sie wirklich etwas verbrochen haben, meist besser behandelt als die Menschen, die nur aufgrund der xenophoben Einstellung der Nationalsozialisten im KZ waren, also wegen ihrer Kultur, Meinung oder Lebensform eingesperrt und misshandelt wurden. Seit 1942 wurden immer mehr Menschen aus den von Deutschland besetzten Gebieten wie zum Beispiel aus Polen ins KZ-Neuengamme gebracht.

Leben im Lager

Im KZ angekommen, wurden den Menschen sämtliche persönliche Gegenstände genommen, was über Kleidung und Schmuck bis hin zu ihren Namen reichte. Anstelle dessen bekam jeder Häftling eine Nummer zugewiesen und erhielt eine der blau-weiß gestreiften monotonen Uniformen mit einem Dreieck, das den Grund der Verhaftung angab und über die weitere Behandlung im Lager entschied. Man bekam ein rotes Dreieck, wenn man ein Oppositioneller war, ein grünes Dreieck, wenn man Berufsverbrecher war, und immer so weiter. Bei Menschen jüdischen Glaubens wurde diesem Dreieck ein zweites, gelbes hinzugefügt, sodass ein Stern entstand. Ein rot-gelber Stern grenzte somit an ein Todesurteil.
Die Menschen bekamen kaum Essen und es herrschten katastrophale hygienische Bedingungen. Je näher man der Schließung des Lagers kam, desto mehr Menschen waren auf kleinstem Raum zusammengepfercht. Zunächst gab es nur Holzbaracken, in denen die Häftlinge lebten, später wurden auch Klinkerhäuser errichtet, die noch heute auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte stehen. Die Holzbaracken wurden inzwischen abgerissen, an sie erinnern nun Schuttaufschüttungen an den Stellen, wo sie einst gestanden haben. In den Baracken standen dreistöckige Etagenbetten, in denen sich jeweils zwei bis drei Menschen auf jeder Etage einen Schlafplatz teilen mussten.

Arbeit im Lager

Die Häftlinge mussten im Konzentrationslager schwerste körperliche Arbeit zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter unter Schlägen, Prügel und Misshandlung verrichten. Je nach Arbeitskommando führten die Arbeitsumstände zu Krankheiten und schlimmstenfalls zum Tod. Die wohl härteste Arbeit gab es im Baukommando, da die Häftlinge hier jedem Wetter schutzlos ausgeliefert waren. Viele von ihnen starben. Wenig später kam mit dem Ausbau der Dove-Elbe ein neuer gefürchteter Arbeitsplatz hinzu. Im Klinkerwerk, das sich ebenfalls auf dem Gelände befindet, stellten die Häftlinge Ziegelsteine (auch Klinker genannt) aus Ton her, den sie unter körperlicher Schwerstarbeit abbauen und zum Klinkerwerk befördern mussten. Eine größere Chance aufs Überleben bot die Arbeit in den Rüstungsfabriken. Hier waren die Häftlinge mehr vor der Witterung geschützt und wurden auch etwas besser behandelt, da die Herstellung von Waffen mehr Konzentration erforderte und bedeutsamer war. Der Spruch „Arbeit macht frei“, der unter anderem über dem Eingang des Konzentrationslagers Auschwitz hing, erscheint einem absurd, geradezu zynisch, in Anbetracht der Menschen, die durch die Arbeit in den Konzentrationslagern schwer krank geworden sind oder gar starben.

Krankheiten im Lager

Die mangelnde Nahrung, die desaströsen hygienischen Bedingungen und die harte Arbeit führten dazu, dass sich Krankheiten im Konzentrationslager sehr schnell verbreiten konnten. Am häufigsten traten Magen-Darm-Erkrankungen auf. Im Jahr 1942 kam es auch zu einer Flecktyphusepidemie, woraufhin das gesamte Lager unter Quarantäne gestellt werden musste. Nur wenige kranke Häftlinge wurden im sog. Krankenrevier aufgenommen, in dem es an Medikamenten und Platz fehlte. Dennoch konnten diejenigen, die dort behandelt wurden, wieder ein wenig zu Kräften kommen und auf die Versetzung in ein anderes Kommando hoffen, in dem weniger schwere körperliche Arbeit zu verrichten war.
Einige Häftlinge wurden medizinischen Experimenten der Lagerärzte unterzogen. Hauptsächlich sollte es hierbei um die Tuberkuloseforschung gehen. Fast alle, die Opfer der grausamen Prozedur wurden, starben. Da in Neuengamme eigentlich ausschließlich Erwachsene interniert waren, wurden hierfür auch jüdische Kinder aus dem KZ Auschwitz nach Neuengamme gebracht, denn selbst vor ihnen machten die Lagerärzte mit diesen menschenverachtenden medizinischen Experimenten nicht halt.

Hinrichtungen und Tote

Insgesamt starben im KZ Neuengamme schätzungsweise um die 50.000 Häftlinge, wovon allerdings nur circa die Hälfte namentlich bekannt ist. Viele Menschen kamen aufgrund der Bedingungen im Lager zu Tode. Viele starben in Folge der Misshandlung durch die Aufseher oder wurden während ihrer Arbeit an der Dove-Elbe gar ertränkt. Im Jahr 1943 galt das Konzentrationslager als zentrale Hinrichtungsstätte, in der unter anderem Polizei- und Justizgefangene erschossen oder erhängt wurden. Es sind zwei Fälle bekannt, bei denen Häftlinge mit Zyklon B vergast wurden. Hierzu wurden mehrere hundert Menschen in den Arrestbunker gesperrt, in den kurze Zeit später das tödliche Giftgas gefüllt wurde. An den Bunker erinnern heute lediglich seine Fundamente. Hier wurden am 3. Mai, dem Jahrestag der Lagerräumung, Blumengestecke als Zeichen der Erinnerung niedergelegt.

Von dem Krematorium, in dem die Toten verbrannt wurden, steht heute nur noch der Schornstein. Er erinnert an die tausenden Male, an denen Leichen verbrannt wurden, die auf grausame Weise gestorben sind.
Es gab unter den Toten nachweisbar weniger Frauen als Männer, was zum einen daran lag, dass Frauen zu dieser Zeit sehr viel weniger in der Politik aktiv waren als Männer und es somit auch weniger weibliche Oppositionelle gab. Zum anderen haben sich die Frauen in den Konzentrationslagern häufig untereinander verbündet und konnten sich so gegenseitig helfen, was oftmals ihr Überleben sicherte.

Auflösung des Konzentrationslagers

Im Jahr 1945 begann die schrittweise Räumung des Konzentrationslagers Neuengamme. Teils zu Fuß, teils in überfüllten Bussen wurden die Häftlinge von den Konzentrationslagern in sog. „Auffanglager“ gebracht. Kurz bevor Deutschland den 2. Weltkrieg verlor, galt es für die Nationalsozialisten, die schrecklichen Verbrechen zu vertuschen. Skandinavische Häftlinge wurden mithilfe der „weißen Busse“ des skandinavischen Roten Kreuzes aus dem Konzentrationslager befreit und nach Schweden gebracht. Über 9.000 Häftlinge wurden in Lübeck auf die zwei Schiffe „Cap Arkona“ und „Thielbeck“ gebracht, weil keine Auffanglager mehr zur Verfügung standen. Doch am 3. Mai gerieten die beiden Schiffe in Brand, wobei die meisten der Häftlinge ums Leben kamen.
Im „Haus des Gedenkens“ der KZ-Gedenkstätte hängen an den Wänden weiße Stoffbahnen mit den Namen aller Toten, die namentlich bekannt sind. Am 3. Mai, dem letzten Tag des KZ Neuengamme, sind hier mit Abstand die meisten Namen zu finden, da die Nationalsozialisten kurz vor der Räumung abermals hunderte Menschen umgebracht haben, damit es keine Zeugen für ihre Verbrechen gab.

Weitere Nutzung des Konzentrationslagers

Nach der Auflösung des Konzentrationslagers wurde dort zunächst ein Internierungslager eingerichtet, in dem u. a. Funktionsträger der NSDAP oder SS-Mitglieder isoliert wurden. Ab 1948 entstand auf dem Gelände eine Justizvollzugsanstalt, zu der im Laufe der Zeit auch ein Neubau hinzukam. Hauptsächlich wurden hier männliche Verbrecher untergebracht. Zwischenzeitlich gab es aber auch eine Jugendjustizvollzugsanstalt in Neuengamme. Das Gefängnis wurde im Jahr 2006 geschlossen und abgerissen und es entstand die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Diese umfasst mehrere Ausstellungen in den ehemaligen Gebäuden des Konzentrationslagers. Unser Rundgang führte zunächst zu den Klinkerhäusern. Hier befindet sich die Zeitspurenausstellung, in der es hauptsächlich um die Opfer des Lagers geht. In Biografien kann man den Grund der Inhaftierung und das Leben im Lager verschiedenster Häftlinge lesen, die durch verschiedene Exponate des Lagerlebens und Informationstafeln unterstützt werden. Außerdem erzählt die Ausstellung viel über die Entstehungszeit bis hin zum Ende und zur Nachnutzung des Geländes. In einem alten Fahrzeugschuppen der SS wurde eine weitere Ausstellung eingerichtet, die sich hauptsächlich den Tätern des Konzentrationslagers widmet. Auch hier erfährt man durch Biografien mehr über ihre Lebenssituation und es wird über Verurteilungen bzw. Gerichtsprozesse von Mitarbeitern des Lagers informiert. Egal, ob es nur ein unbedeutender Sachbearbeiter, Sekretär oder der Lagerführer Max Pauly war, sie alle trifft die Schuld Menschen gequält, misshandelt und getötet oder nichts gegen ihr Leiden unternommen zu haben. Auf dem Weg zum heute stillgelegten Klinkerwerk begegnen einem die Überreste einer Mauer des ehemaligen Gefängnisses und die Dove-Elbe. Das Haus des Gedenkens bildete den Abschluss unserer Führung. Hier sind, wie bereits erwähnt, alle namentlich bekannten Todesopfer des Konzentrationslagers schriftlich verewigt worden.

 

In diesem Jahr ist die Befreiung des Konzentrationslagers 78 Jahre her. In den insgesamt 7 Jahren, die es das Konzentrationslager gab, kamen unzählige unschuldige Menschen nur deshalb ums Leben, weil sie der faschistischen Weltanschauung der Nationalsozialisten nicht entsprachen. Sie mussten unter menschenverachtenden Bedingungen schwere Arbeit verrichten, lebten unter desaströsen Bedingungen, wurden misshandelt und getötet. Es ist gut, dass es KZ-Gedenkstätten wie in Neuengamme gibt, denn nur so kann man verhindern, dass das Leid dieser Menschen in Vergessenheit gerät.

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